Wie wichtig Amazon für Online-Händler ist, merkt man an den Zahlen, die hinter dem Online Giganten stecken: Mit 300 Mio. aktiven Kunden-Konten, 24.8 Mio. monatlichen Besuchern in Deutschland bietet Amazon eine gute E-Commerce Ergänzung zum eigenen Onlineshop. Wie gefährlich jedoch manche Funktionen sein können, zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil.
Ein Händler, der über Amazon Sonnenschirme verkauft hatte, wurde verklagt, da ein anderer Händler in der Weiterleitungsfunktion von Amazon eine Art der unerlaubten Werbung gesehen hatte. Dritte können darüber eine E-Mail an einen Empfänger senden und ihn auf ein Angebot aufmerksam machen. Darin enthalten sind nicht nur der Produktname und ein Produktbild, sondern auch der Preis und eine direkte Weiterleitung zum Artikel. Sie enthält somit Kaufanreize oder kurz genannt „Werbung“. Das Problem: Durch die Weiterempfehlung würde ein Empfänger E-Mail-Werbung erhalten, ohne dass er dies ausdrücklich wünsche. Der beklagte Amazon-Händler argumentierte, dass nicht er selbst die Möglichkeit zur Weiterleitung anbieten würde, sondern sie nur durch Amazon als Online-Verkaufsplattform zur Verfügung gestellt werde. Er als Händler hätte somit nicht wissen können, dass über die Funktion überhaupt E-Mails ohne das vorherige Einverständnis des E-Mail-Empfängers versendet werden können. Die Klage kam vor Gericht und es folgte im Januar 2016 ein klares Urteil. Sowohl das Landgericht Arnsberg (Az. I-8 0 99/14) als auch das Oberlandesgericht Hamm (Az. 4 U 59/15) bestätigten, dass die Weiterleitungsfunktion rechtswidrig ist.
Die Weiterleitungsfunktion stelle eine unerlaubte Werbung dar, die ohne das Einverständnis des Empfängers versendet wird, urteilten beide Gerichte. Sie verstößt somit gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).
In § 7 UWG heißt es:
„Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.“
Und weiter in § 7 Abs. 2 Nr. 3
„Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen (…) bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.“
Die Funktion zur Produktempfehlung gibt es sowohl für Artikel, die von Amazon selbst angeboten werden, als auch für Händler, die über die Plattform verkaufen. Ob eine solche E-Mail über einen Händler oder durch Dritte versendet werde, ist dabei unerheblich. Dass sich ein Marktteilnehmer diese Werbung wünsche, könne man nur dann erfahren, wenn der ausdrückliche Wunsch auch erklärt werde, bzw. eine Einwilligung vorliegt.
Bislang weigerte sich Amazon auf das rechtskräftige Urteil zu reagieren und die Funktion zu modifizieren oder anzupassen. Händler können somit auf der Plattform nicht rechtssicher verkaufen. Vor wenigen Tagen ist zudem ein ähnliches Urteil von Landgericht Hamburg öffentlich geworden, welches sich bereits im Dezember 2015 mit der Weiterleitungsfunktion von Ebay beschäftigt hatte. Auch hier kam es zu einem vergleichbaren Urteil. Eine Einwilligung muss vorliegen, eine konkludente Handlung oder mutmaßliche Einwilligung reicht nicht aus. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haftet somit der Händler selbst.