Es wird lange daran gearbeitet bis endlich feststeht, wieviel ein Produkt im Verkauf kosten darf. Denn Preise sind nicht nur einfache Zahlen, sondern strategisches Kalkül. Wie beeinflussen unbewusste Preistricks unser Gehirn? Wir decken in diesem Blogbeitrag alle Geheimnisse auf, die unser Gehirn in einen Kaufrausch versetzen.
Preise bestehen aus Zahlen. Zahlen wiederrum sind für Menschen vollkommen rationale Gebilde. Sie schaffen Klarheit, bilden Vertrauen, sorgen für Glaubwürdigkeit und Transparenz. Sie sind die Grundlage für verlässliche Entscheidungen. Nicht etwa solche, die man aus dem Bauch heraus trifft. Sondern rationale – ja sogar vollkommen emotionslose Entscheidungen, die mit dem Kopf getroffen werden. Was einfach klingt, ist in der Theorie ziemlich komplex. Denn hinter der Zahl steckt die Strategie, wie das eigene Produkt über eine Zahl besser dargestellt werden kann als die der Konkurrenz. Wie das geht? Durch die Effekte der Preispolitik.
Ein Schreibblock für 0,99 Euro wirkt subjektiv deutlich teurer als der für 1 Euro. Der gefühlte Unterschied beträgt mehr als nur einen Cent. Schuld daran ist der Schwelleneffekt. Mit dem Erreichen einer bestimmten Grenzschwelle wird ein Angebot attraktiver oder eben schlagartig unattraktiver. Ist der Preis höher (in diesem Beispiel größer als 0,99 Euro), so wehren sich die Nachfrager diesen zu bezahlen. Aber es gibt auch noch relative Preisschwellen. Darunter ist eine Art Toleranzbereich zu verstehen, der Preise innerhalb einer Zone vom Nachfrager akzeptieren lässt. Im Unterbewusstsein des Menschen ist es gleichgültig, ob der Preis für einen halben Laib Brot 1,09 Euro oder 1,29 Euro beträgt. Für den Verkäufer machen die zwanzig Cent Unterschied in der Menge jedoch einen merklichen Unterschied aus. Dass das Ganze auf einer subjektiven Entscheidung beruht und nicht auf einer rationalen Wahl wird immer dann deutlich, wenn Autofahrer durch die ganze Stadt fahren nur um die günstigste Tankstelle zu finden und wenige Cent-Beträge sparen zu können.
Eine Kinderhose für 19,90 Euro (oben) und 20,00 Euro (unten). Mit dem Erreichen der Preisschwelle von 20,00 Euro wirkt die gleiche Hose subjektiv teurer. Quelle: Miss-Marvelous.de
Ist die Zahlenfolge absteigend (4,32 Euro) oder konstant (4,44 Euro), so sorgt das für mehr Aufmerksamkeit. Viele Konsumenten neigen nämlich dazu, sich nur die erste Zahl zu merken und dann intuitiv abzurunden. Wie intensiv Preise wahrgenommen werden, nimmt folglich von links nach rechts ab.
In den vergangenen Jahren hat sich mit dem Messen von Gehirnströmen und dem „Neuropricing“ ein komplett neues Feld der Preisforschung aufgetan. Es hat sich zeigen können, dass die Preisinformation direkt mit einem Schmerzareal im Gehirn verknüpft sind. Zahlt ein Kunde mit der Kreditkarte oder per Überweisung anstelle mit Bargeld, so sinkt sein Schmerzempfinden (Cash-Effekt). Weniger schmerzhaft ist es auch dann, wenn auf einem Preisschild 20,00 Euro anstelle von 20,00 stehen, da letzteres nicht direkt mit dem „Preis“ assoziiert wird.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sonderangebote oftmals durch rote Preisschilder ausgewiesen werden? Rote Schilder lösen im Gehirn einen Schlüssel- und Belohnungsreiz aus. Die Farbe Rot ist mit den Attributen „billig“ und „günstig“ verknüpft, wer hier zugreift, wird sparen. Allerdings können natürlich auch Artikel, die nicht reduziert sind, durch ein rotes Preisschild gekennzeichnet sein. In Verbindung mit dem Wording wie „Preisschlager“, „Traumpreis“ „Preisknüller des Tages“ führt uns unser Gehirn in die Irre und kauft trotzdem.
Ein roter Preis samt Prozent-Schild zeigt an: Hier handelt es sich um ein Sonderangebot und kann gespart werden. Quelle: Holz-Blech.de
Preisänderungen sind auf dynamischen Märkten vollkommen normal. Mehrere kleine Preisänderungen wirken auf den Kunden reizvoller als eine große. Deshalb lohnt es sich, Reduzierungen in vielen kleinen Schritten vorzunehmen. Bei Erhöhungen ist es übrigens anders. Diese sollten in einem großen Schritt vorgenommen werden, weil sie dann weniger bewusst wahrgenommen werden.
Verschiedene kleine Rabatte, wie 2% Skonto, 2% für die Newsletteranmeldung und 3% Herbstrabatt wirken lukrativer, als ein Neukundenrabatt in gleicher Höhe von 7%. Hier steht nicht das absolute Ersparnis im Vordergrund, sondern die Menge. Durch die Kombination verschiedener Rabattmöglichkeiten glaubt der Kunde umso mehr ein besonders gutes Schnäppchen gemacht zu haben.
5 Euro für den Newsletter und zusätzlicher Ravatt für ApartCard-Inhaber. Quelle: Apart.de
Komplettpreise wirken günstiger, als die Summe aus vielen Einzelpreisen. Ob Putzsets oder Nudelmix – auch in Supermärkten sind solche vorgepackten Sets keine Seltenheit mehr. Das Gehirn täuscht dem Menschen vor, dass er dann ein besonders gutes Schnäppchen gemacht hat, obwohl der tatsächliche Preis teurer sein kann, als der Einzelerwerb der Produkte. Außerdem wird dann auch unter dem Strich mehr gekauft. Nämlich auch Dinge, die man selbst nicht unbedingt benötigt.
Menschen orientieren sich gerne an anderen Preisen. Umso leichter wird es für den Kunden, wenn dieser gleich bei Produkten mitgeliefert wird, zum Beispiel durch
Früher kostete der Kinderwagen 379,90 Euro – jetzt nur noch 199,90 Euro. Quelle: Bordis-Wunderland.de
Aber Vorsicht: Auch wenn es sich in der Praxis nicht immer nachweisen lässt – es ist gesetzlich verboten mit falschen Preisen zu werben, die nie existiert haben.
In der Praxis lässt sich das auch noch anders umsetzen. Stellen wir uns doch einen einfachen Smartphone-Kauf im Laden vor. Der Kunde hat die Absicht ein Modell für 200 Euro zu erwerben. Ein ausgeklügelter Verkäufer wird ihm zuerst ein Smartphone für 500 Euro zeigen und erst anschließend eines in seiner Preisklasse. Mit diesem kleinen Trick steigt die Bereitschaft mehr Geld auszugeben, als ursprünglich geplant war. Allein mit dem Präsentieren eines wertvolleren Stücks hat der Verkäufer einen Anker gesetzt, sodass der Kunde zwischen 50 Euro und 100 Euro mehr ausgeben wird. Es kann sich also lohnen ein besonders wertvolles Exemplar im Sortiment zu haben, ohne es jemals tatsächlich zu verkaufen.
Niemand hat etwas zu verschenken, auch der Einzelhandel nicht. Dennoch werden immer wieder kleine Geschenke, wie beispielsweise Parfümproben, hinzugepackt. Kleine Geschenke machen einen hohen Preis erträglicher. Für den Kunden wirkt wie es wie ein kleiner Sieg und eine Art „Ausgleich“ für den entstandenen Schmerzimpuls. Ein Geschenk für ein paar Cents tuen dem Einzelhandel nicht weh, machen einen Kunden aber einen ganzen Tag lang glücklich. Geben Sie Ihrem Kunden also ab und zu eine kleine Aufmerksamkeit mit.
Supermakt, Onlineshop und Wochenmarkt – überall begegnen uns Preise. Wie sie auf uns und unser Gehirn wirken, ist kein Zufall sondern das Ergebnis von langen Überlegungen und Studien. Gerade auf Händlerseite lässt sich dies nutzen, um die Psyche zu überlisten und Profite langfristig zu maximieren. Warum also nicht öfters zu kleinen Kniffen und Preistricks greifen und eigene Produkte attraktiver machen, als die der Konkurrenz?